Der beste Zeitpunkt für die Welpenabgabe

 

In den letzten Wochen wird im Internet der richtige Zeitpunkt für die Welpenabgabe sehr emotional und kontrovers diskutiert. Dabei wird nicht davor halt gemacht seriöse Züchter des VDH zu verunglimpfen, weil sie ihre Welpen mit einem Alter von acht Wochen dem neuen Besitzer überlassen. Sie werden in einen Topf geworfen mit Hundehändlern und -vermehrern.

 

Die andere Fraktion favorisiert die Abgabe der Welpen mit einem Alter von zwölf Wochen, da die Hunde dann eine längere Sozialisationsphase bei der Mutterhündin und den Geschwistern hätte. Zudem seien in diesem Alter dann gesetzter und vernünftiger. Außerdem sei ihr Imunsystem dann stärker und sie wären nicht mehr so anfällig gegenüber den üblichen Hundekrankheiten, die sie in Welpenschulen oder auf Hundeauslaufgebieten ausgesetzt seien.

 

Grund genug mich mal ein wenig mit den Entwicklungsphasen von Welpen auseinander zu setzen. Dabei schaue ich mir gleichzeitig die Prägungsphasen der Hunde an und werde versuchen mich so einem optimalen Welpenabgabealter zu nähern.

 

Welpenentwicklungs- und Prägephasen

 

Vegetative Phase – 1. bis 2. Lebenswoche:

Die Welpen sind blind und der Geruchssinn ist schlecht ausgebildet. Als Bewegungsform tritt Kreiskriechen auf.

 

Übergangsphase – 3. Lebenswoche:

Die Augen öffnen sich, gegenseitiges Belecken, Zufütterung durch Mutter und Vater.

 

Prägungsphase – 4. bis 7. Lebenswoche:

Die Sinne sind voll entwickelt. Es können Objekte erkannt werden. Es sollte Sozialkontakte zu den anderen Welpen, Hunden, Menschen und Kindern geben, damit sie später in das Sozialverhalten miteinbezogen werden können.

 

Sozialisierungsphase – 8. bis 12. Lebenswoche:

Eingliederung in die Gemeinschaft. Es müssen schon jetzt Regeln aufgestellt werden. Das was der erwachsene Hund nicht darf, sollte schon der Welpe nicht dürfen. Dabei sind die Mittel Ignorieren, Spielabbruch und ggfs. ein Schnauzengriff

Das Lernen erfolgt im Spiel. Es sollte kein Dressurprogramm durchgeführt werden.

 

Rangordnungsphase – 13. bis 16. Lebenswoche:

Der Welpe testet nun seine Besitzer an, um zu erfahren, wo sein Platz in der neuen Familie ist. Hier muss der Mensch ihm klar machen, wo seine Position ist.

 

Rudelordnungsphase – 5. bis 6. Lebensmonat:

Der Hund durchläuft den Zahnwechsel. Der Halter sollte viel mit dem Hund unternehmen. Eine Hundeschule wäre aus jeden Fall sinnvoll. Hörzeichen sollten nun verpflichtend durchgeführt werden. Dem Hund sollte souverän seine Stellung im Familienrudel gezeigt werden.

 

Pubertätsphase – 7. bis 12. Lebensmonat:

Die sog. Trotzphase. Erlerntes scheint vergessen. Konsequenz ist in der Erziehung gefragt! Waren die Übungen bisher über Motivation aufgebaut, so muss der Hund jetzt in die Pflicht genommen werden, damit er sie durchführt.

 

Reifungsphase – 12. bis 18. Lebensmonat:

Das Lernen geht natürlich auch in dieser Phase weiter! Der Hund wird langsam erwachsen und am Ende ist er dann auch physisch voll ausgereift.

 

Die Sozialisierungsphase

 

Wie oben schon einmal erwähnt durchläuft der Welpe in der achten bis zwölften Woche die Sozialisierungsphase. Hier müssen dem Welpen langsam Grenzen gesetzt werden. Er muss lernen, dass er einerseits einen festen Platz in der Gruppe hat und auch, dass er nicht einfach alles machen darf. Hier erfährt er zum ersten Male, dass sein Verhalten eine Konsequenz nach sich ziehen kann.

 

Genau in dieser Phase sollte eigentlich die Abgabe an den neuen Besitzer erfolgen. Dort ist sein neues Rudel, in das er sich einfügen muss. Dort sind seine neuen Menschen, die ihm zeigen müssen, was er darf und was eben nicht.

 

Laut dem VDH dürfen Welpen frühestens in der achten Woche vom Züchter abgegeben werden. Eine frühere Abgabe sollte nicht sein, da es sich so noch in de Prägungsphase auf seine Artgenossen und dem Menschen befindet. Gerade diese Phase sollte bei seinen Geschwistern und der Mutter stattfinden. Auch mit Kontakten zum Menschen unter fachgerechter Kontrolle durch den Züchter.

 

Welpen, die vor oder während dieser Phase von ihren Geschwistern und der Mutter getrennt werden, weisen oftmals Prägungsdefiziten in bezug auf ihre eigenen Artgenossen auf. Das ist oft bei Hunden von Welpenhändlern der Fall, die die Welpen schon mit einem Alter von wenigen Wochen von der Mutter entreißen, damit sie, wenn sie dann im Ausland verkauft werden, genau das richtige Welpenalter haben, um süss auszusehen.

 

Die Einordnung in das Rudel, in dem der Welpe sein restliches Leben verbringen wird, ist also enorm wichtig und sollte von den neuen Besitzern durchgeführt werden. Gleichzeitig müssen Sie ihm so viele Umwelteindrücke wie möglich vermitteln, damit der kleine Kerl sich optimal entwickeln kann!

 

Dies ist deshalb so enorm wichtig, da spätestens ab der 16. Lebenswoche die Gehirnentwicklung des Welpen abgeschlossen ist. Je mehr Erfahrungen der Welpe in dieser Zeit gemacht hat und je mehr er von seinen Menschen gefördert wurde, um so mehr Verschaltungen an den Synapsen im Gehirn haben sich gebildet. Je mehr dieser Verschaltungen vorhanden sind, je umweltstabiler ist unser Hund.

 

Wenn man nun den Hund mit einem Alter von acht Wochen übernimmt, hat man etwa acht Woche Zeit, bis diese Gehirnentwicklung abgeschlossen ist. Übernimmt man den Hund erst mit zwölf Wochen, verkürzt man den Zeitraum auf die Hälfte.

 

Somit könnte die Zeit nach der Welpenübergabe für die neuen Besitzer sehr stressig werden, weils sie das Programm von acht Wochen in vier packen müssen. Durch den engen Zeitrahmen kann natürlich auch etliches schief gehen. Erfahrungen, die man jetzt vergisst, verpasst oder zeitlich einfach nicht gebacken bekommt, sind verloren und können meist später nicht oder nicht mit dem gleichen Ergebnis abgeschlossen werden.

 

Um den Welpen dann also vernünftig sozialisiert und umweltstabil zu bekommen, müsste eigentlich der Züchter weiter ran. Er hat den Welpen nicht nur vier Wochen länger! Auch müsste er dann mit seinen Welpen (denn der Züchter hat ja nicht nur einen Welpen) selbst eine Welpenspiel- und -lernstunde besuchen, damit sich der Welpe optimal entwickelt. Dies schlägt sich natürlich auch auf den Verkaufspreis des Welpen nieder.

 

Kostet ein Welpe bei der Abgabe nach acht Wochen etwa 1.200,- Euro, müsste man nach zwölf Wochen noch einmal mindestens die Häfte des Preises drauflegen und käme dann auf 1.800,- Euro. Dabei ist eine Welpenschule beim Züchter noch nicht mit eingerechnet. Diese können Sie mit Sicherheit nach einmal 500,- Euro kosten. So durchschlägt der Preis des Welpen die Schallmauer von über 2.000,- Euro. Das ist verdammt viel Geld!

 

Was mich persönlich sehr überrascht hat, ist die Tatsache, dass diejenigen, die am lautesten nach einer Welpenabgabe von zwölf Wochen schreien, aus dem Lager der gewerblichen Züchter kommen. Da es aus Sicht der optimalen Welpenentwicklung keinen Sinn macht, den Hund länger beim Züchter zu lassen, unterstelle ich hier doch eher finazielle und gewerbliche Gründe. Diese gewerbsmäßigen Züchter bekommen vier Wochen mehr Zeit ihre Welpen an den Mann zu bringen!

 

Gleichzeitig werden seriöse Liebhaberzüchter als Vermehrer und Hundehändler verunglimpft, weil sie ihre Welpen viel zu früh abgeben würden. Das wird dann ganz öffentlich im Internet publiziert und die ahnungslosen Welpenkäufer fallen auf die Argumentation rein.

 

Hier sehe ich auch eine ganz große Gefahr im Internet. Viele Menschen nehmen die dort gewonnenen Informationen für bare Münze. Ohne irgendwelche Begründungen oder Nachweise werden hier Meinungen und Informationen online gestellt, die einer genaueren Überprüfung durch einen Experten nicht standhalten. Aber der Laie fällt darauf rein.

 

Als hinreichende Legitimation reichen oftmals eine eigene Internetseite oder auch Moderator in irgendeinem Forum oder einer Community zu sein. Hinterfragt man dann gezielt die Informationen, erkennt man schnell, dass es oft nur von Hörensagen weiter getragen wurden oder aber es wird ein ganz gezielter Zweck verfolgt!

 

(mit freundlicher Genehmigung des Autors: Björn Eickhoff)